Chance für Zukunftsgestaltung oder bürokratische Bürde?

Unter dem Betriff des competitive sustainability (Nachhaltigkeitsleistung) werden Investitionen in Nachhaltigkeit zusammengefasst, die einen Wettbewerbsvorteil und einen Beitrag zur Transformation von Geschäftsmodellen zu nachhaltigem Wirtschaften und Strategien beinhalten, wie Unternehmen zur Erreichung des 1,5Grad Ziel beitragen können.

Das Europäische Parlament hat mit der Corporate Reporting Directive (CSRD, veröffentlicht 16.12.2022), der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD, verabschiedet 1.6.2023) und der EU Taxonomie (seit Juli 2020 in Kraft) drei Gesetze als Teil eines Pakets verabschiedet, die zusammen die Transformation zu nachhaltigem Wirtschaften bewirken sollen.

Grundlage für die CSRD stellen die Europäischen Standards für Nachhaltigkeitsberichtserstattung (ESRS) dar. Die ESRS legen fest, welche Informationen Unternehmen in ihren Nachhaltigkeitsberichten offenlegen müssen. Sie umfassen allgemeine Grundsätze (ESRS 1) und Angabepflichten (ESRS 2) sowie spezifische Anforderungen für die Berichterstattung zu den folgenden Themen:

ESRS E 1-5 Umwelt: Klimawandel, Klimaanpassungen, Umweltverschmutzung, Wasser- und Meeresressourcen, Biodiversität, Kreislaufwirtschaft und Ressourcennutzung

ESRS S 1-4 Soziales: Arbeitsbedingungen, Kompetenzentwicklung, Menschenrechte, Diversität und Inklusion

ESRS G 1 Unternehmensführung: Unternehmenspolitik & Risikomanagement, Lieferantenmanagement, Korruptionsprävention, Lobbytätigkeit

Eine Analyse der ersten unter Berücksichtigung der ESRS erstellen Nachhaltigkeitsberichte zeigen, unabhängig, ob es sich ein wesentliches Thema handelt oder nicht, sehr umfangreiche Informationen zu allen zehn thematischen Standards (Haspa), eine Schwerpunktsetzung auf ausgewählte Themen (ESRS E1, S1, G1) und Ergänzung durch spezifische Angaben (Arla, Lebensmittelsicherheit, Tierwohl), Visualisierung von Impact Wesentlichkeit und Finanzieller Wesentlichkeit in einer Matrix (Arla, Orsted, Philips) und Nutzung der Übergangsfristen in den Offenlegungsanforderungen (Arla).

Die ausgewählten Bespiele einiger Pioniere in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zeigen nicht nur unterschiedliche ESRS Schwerpunktsetzung, sondern auch wie prüfungskonform über eine Wesentlichkeitsanalyse berichtet werden kann und die ersten drei Jahren genutzt werden, um die notwendigen Ressourcen und das Know-how geschickt aufzubauen.

Auf was kommt es nun an?

Wesentlichkeitsanalyse als das zentrale Element

Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse (DMA) als zentrales Element unterstützt Unternehmen dabei, ihre Nachhaltigkeitsleistung umfassend zu messen und zu verbessern. Sie ermöglicht die Priorisierung relevanter Nachhaltigkeitsaspekte (z.B. Implementierung von langfristigen Umweltzielen) und die gezielte Formulierung des notwendigen Übergangsplans (Dekarbonisierungsstrategie). Damit bleiben Unternehmen für Kunden und Lieferanten durch effektives CO2 Management auch in der Zukunft attraktiv.

Sorgfaltspflichten und Nachvollziehbarkeit in der Wertschöpfung

Unternehmen erhalten mit Hilfe einer Due Dilligence einen vollständigen Überblick über ihre gesamte vorgelagerte und nachgelagerte Basis an Lieferanten und Partner hinsichtlich der Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards. Welche Lieferketten sind potentiell wesentlich? Welche Standorte sind potentiell wesentlich? Ist der gewählte Nachhaltigkeitsaspekt wesentlich für relevante Stakeholder? Was ist genau wesentlich und wo?

Es ist wichtig zu betonen, dass eine Wesentlichkeitsanalyse, die ausschließlich auf Stakeholderbefragung oder intransparenten Verfahren beruht, nicht den Anforderungen einer CSRD-konformen Wesentlichkeitsanalyse entspricht. Sowohl der Prozess als auch die Ergebnisse sollten offengelegt werden, um die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung zu stärken und Reputationsrisiken für das Unternehmen zu minimieren.

Durch eine vorausschauende Beschaffungsstrategie und ein zukunftssicheres Produktportfolio, die die Ergebnisse der Wesentlichkeitsanalyse sowie eine verbesserte Standorttransparenz aktiv in die Auswahl und das Management von Lieferanten einbinden, können Unternehmen durch Steigerung der Resilienz, aber auch Kostensenkungen einen beträchtlichen Mehrwert für sich und ihre Stakeholder generieren.

Stakeholder-Dialog / Stakeholder Engagement

Eigentlich wird kein spezifisches Verfahren für den Stakeholder Dialog durch die ESRSs benannt, empfohlen wird jedoch die Validierung der IROs durch Stakeholder durchzuführen. Die Berücksichtigung von Nutzern und Interessengruppen kreiert eine ganze Reihe von zukünftigen Entwicklungspotentialen: Austausch und Bewertung von IRO, Netzwerkbildung, Festigung von Beziehungen und Partnerschaften, Hinweise auf zukünftige Geschäftsmodelle und Wachstumspotentiale, Produkte und Services.

In der praktischen Umsetzung werden vielfach Fragebogen und weniger dialogorientierte Formate eingesetzt. Vielfach nutzen Unternehmen die Möglichkeit interne Repräsentanten als Ersatz für externe Stakeholder (Funktionsmitarbeiter aus Vertriebs- und Marketing werden als Stellvertreter für Kunden) zu befragen, um so den bürokratischen Aufwand im ersten Jahr zu reduzieren.

Der Übergangsplan zum Erreichen der Klimaziele

Der Übergangsplan berichtet über die Klimaschutzbemühungen des Unternehmens. Er beinhaltet eine detaillierte Erläuterung darüber, wie es seine Strategie und sein Geschäftsmodell anpassen wird, um die Vereinbarkeit mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C zu erreichen. Unternehmen mit einer vorhanden Umwelterklärung nach EMAS oder ISO 14001 bzw. 14064 können auf das eingerichtete Umweltmanagementsystem verweisen und diese Informationen zu den ESRS Angabepflichten nutzen. Der Übergangsplan ist das eigentliche Ergebnis des bisherigen Prozesses und beinhaltet Angaben zum Energieverbrauch, THG Emissionsreduktionsziele, Anpassungskonzepte, Klimaschutzmaßnahmen, Dekarbonisierungshebel, Hinweise auf CapEx und Opex, Umgang mit CO2 Zertifikaten, klimabezogene Übergangsereignisse.

Verbessertes Risikomanagement

Das in den Unternehmen vorhandene Risikomanagement- und interne Kontrollsystem (IKS) ist im Rahmen des Nachhaltigkeitsreportings auf seine Wirksamkeit zu prüfen. Kann eine Wesentlichkeitsanalyse mit Rückgriff auf identifizierte Risiken, Chancen und Auswirkungen bereits durchgeführt werden oder ist Risikomanagement und internes Kontrollsystem aufzubauen bzw. anzupassen? Die ESRSs ermöglichen den betroffenen Unternehmen ihre Verfahren und Systeme für das Risikomanagement und die internen Kontrollen in Bezug auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu schärfen (Ansatz zur Risikobewertung, Methoden zur Priorisierung, Ermittlung von Risiken, Minderungsstrategie, Kontrollen).

Betrachtungsgegenstand eines Risikomanagementsystem sollten nicht nur Risiken, d.h. negative Abweichungen (Gefahren) vom Erwartungswert sein. Für die Erschließung von Potentialen hat vielmehr eine differenzierte Betrachtung sämtlicher Risiken (Verlustmöglichkeit) als auch der ihnen gegenüberstehenden Chancen (Gewinnmöglichkeit) zu erfolgen, um so eine endgültige Aussage über die Risikolage eines Unternehmens zu erhalten.

In der praktischen Umsetzung trifft man eher auf Risiko- als auf Chancenberichte. Gerade vor dem Hintergrund der Attraktivität für Investoren und der gestiegenen Relevanz für den Aufsichtsrat sind neben den Risiken von Auswirkungen auch die Chancennutzung systematisch berichten.

Chancen der ESG Implementierung

Um die europäischen Nachhaltigkeitsstandards zu erfüllen, werden Unternehmen Umwelt- und Klimadaten verstärkt in einer transparenten Berichterstattung offenlegen und über ihre Nachhaltigkeitsleistungen und -maßnahmen berichten. Bisherige Geschäftsmodelle werden sich anpassen müssen und Investitionsentscheidungen, die sich ausschließlich an wirtschaftlichen Interessen orientieren, an Bedeutung verlieren.

Wir helfen in der ESG Implementierung und der prüfungskonformen Ausgestaltung von Prozessen zur (freiwilligen) Nachhaltigkeitsberichtserstattung. Im Fokus steht der Einstieg über die doppelte Wesentlichkeitsanalyse und eine verantwortungsvolle Priorisierung der Nachhaltigkeitsthemen mit anschließendem Stakeholder-Dialog, Due Diligence der Wertschöpfungskette, dem Transitionplan und der Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts. Changephobia kümmert sich um diese wichtige Zukunftsausgabe, hilft bei der prüfungskonformen Implementierung und unterstützt bei der Entwicklung eines Wettbewerbsvorteils durch erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement (competitive sustainability).

Abschluss Statement: changephobia ist eine Initiative von Prof. Dr. Uwe Sachse. Zielsetzung ist die weitverbreitete Unlust gegenüber Veränderungen durch die Lust am Wandel zu ersetzen. Changephobia steht entgegen dem eigentlichen Wortsinn für das Ermöglichen von Transformation im täglichen Denken und Handeln. Changephobia unterstützt KMUs, Inhaber und Investoren dabei sämtliche Kräfte zu bündeln und wirkungsvoll für Wachstum zu nutzen.